Gendergerechte Sprache

Gendergerechte Sprache, auch bekannt als inklusive Sprache, ist ein zentrales gesellschaftliches Thema. Dabei steht im Kern die Frage, wie Respekt und Sichtbarkeit für alle Menschen sprachlich umgesetzt werden können. Die politische Polarisierung des Genderns hat dazu geführt, dass das Thema weniger als gesellschaftliche Aufgabe und mehr als politischer Streitpunkt wahrgenommen wird. Dies erschwert eine sachliche Auseinandersetzung mit den sprachlichen und sozialen Herausforderungen.

Die Suche nach einer inklusiven Sprache ist keineswegs neu und zielt seit langem auf Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen. Mit der gesetzlichen Anerkennung des biologisch dritten Geschlechts am 1. Januar 2019 hat sich diese Aufgabe erweitert: Neben männlich und weiblich ist nun auch „divers“ als Geschlecht anerkannt. Dabei geht es um das biologische dritte Geschlecht, nicht um Personen, die sich nicht mit ihrem zugewiesenen Geschlecht identifizieren. Ziel ist es, sprachlich auch diejenigen sichtbar zu machen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen.

Neben der gesetzlichen Anerkennung des dritten Geschlechts bleibt die gesellschaftliche Aufgabe, auch Menschen einzubeziehen, die sich nicht mit ihrem zugewiesenen Geschlecht identifizieren. Hier sind neue sprachliche Ansätze gefragt, die Verständnis und Inklusion fördern und niemanden ausschließen.

Unser Standpunkt zum Thema Gendern

Wir möchten klarstellen, dass unsere Auseinandersetzung mit dem Thema Gendern keine politische Aussage darstellt. Unser Ziel ist es, das Thema sachlich und lösungsorientiert anzugehen. Unser Standpunkt lässt sich auf zwei wesentliche Punkte reduzieren:

  • Das generische Maskulinum wird oft als ausschließend wahrgenommen und ist nicht mehr zeitgemäß, da es die Vielfalt der Geschlechter und Identitäten nicht berücksichtigt. Eine zeitgemäße Sprache sollte alle Menschen repräsentieren und sichtbar machen.
  • Es ist jedoch historisch tief in der deutschen Sprache verwurzelt, weshalb neue Ansätze eine besondere sprachliche Sorgfalt erfordern.

Warum wir sehr lange nicht gegendert haben

Lange haben wir auf das Gendern verzichtet; nicht, weil wir das zugrundeliegende Problem ignorieren, sondern weil wir die angebotenen Lösungsansätze als nicht praktikabel empfanden. Diese schufen nicht nur neue Probleme, sondern verfehlten häufig das Ziel, echte Inklusion zu erreichen:

  • Die gängigen Ansätze wie das Binnen-I (Therapeut_Innen), ein Gender-Gap (Therapeut_Innen) oder das Gender-Sternchen (Therapeut*innen) lösen das Problem nicht, sondern schaffen zusätzliche Herausforderungen. Sie stören den Lesefluss, führen zu unnötig aufgeblähten Texten und fokussieren sich fast ausschließlich auf die binäre Einteilung in männlich und weiblich.
  • Ein weiteres Problem dieser Ansätze ist, dass sie eine Reihenfolge einführen, etwa "Therapeutinnen und Therapeuten" oder "Therapeut*innen". Das generische Maskulinum hatte dieses Problem nicht, was diese Lösungen in vielerlei Hinsicht als Verschlechterung erscheinen lässt.
  • Umschreibungen tendieren dazu, Tätigkeiten statt Personengruppen zu beschreiben, was nicht immer möglich oder korrekt ist. Das empfinden wir als unerwünschte Einschränkung der Sprache.
  • Ein Gender-Gap oder ein Gender-Sternchen stören den Lesefluss erheblich und verwandeln die Sprache eher in einen grammatikalischen Trümmerhaufen.

Grammatikalischer Trümmerhaufen?

Mit dem Binnen-I, dem Gender-Gap oder Gender-Sternchen stößt du schnell an Grenzen! Für das folgende Beispiel habe ich mich für das Binnen-I entschieden: Bei „StudentIn“ ist das große „I“ in vielen Schriftarten kaum vom kleinen „l“ zu unterscheiden. Die Kombination aus kleinem "T" und großem "I" macht die optische Verwirrung komplett. Man kommt also schon beim Lesen ins Straucheln, bevor die eigentlichen grammatikalischen Stolperfallen überhaupt zum Tragen kommen!

  • Jede StudentIn, die sein Zeugnis abholen möchte, kann sich im Sekretariat melden.

Das Problem: es gibt im Deutschen kaum eine Möglichkeit, eine Person zugleich „geschlechtsneutral“ und „grammatikalisch sauber“ anzusprechen, ohne den Satz umzuformulieren.

  • Jede StudentIn soll inklusive sein, liest sich aber eher wie eine Mischung aus „Student“ (männlich) und „Studentin“ (weiblich).
  • Das Relativpronomen die ist weiblich.
  • Das Possessivpronomen sein ist männlich.

Man hat also gleich mehrere Baustellen, die sich gegenseitig widersprechen! Und der folgende Satz bringt dich beim Lesen eher ins Schwitzen, als dass er Inklusion schafft:

  • Jede*r StudentIn, die/der sein/ihr Zeugnis abholen möchte, kann sich im Sekretariat melden.

Genau solche Konstruktionen führen zu dem, was wir salopp als „grammatikalischen Trümmerhaufen“ bezeichnen.

Auch stößt man schnell auf Wörter, die sich mit dem klassischen Gendern kaum anpassen lassen, etwa „Lehrling“. Das Wort hat im Deutschen weder eine feminine noch eine neutrale Form, sodass herkömmliche Konzepte wie Binnen-I, Doppelnennungen oder Sternchen hier kaum weiterhelfen – ein typisches Beispiel für eine sprachliche Sackgasse...

Dazu kommt noch, dass das generische Maskulinum sehr verwirrend sein kann. "Marie ist unser bester Ingenieur." ist eigentlich falsch, schließlich ist Marie eine Ingenieurin. Aber der Satz "Marie ist unsere beste Ingenieurin." sagt was anderes aus.

Entgendern nach Hermes Phettberg - Bis das Arzty kommt!

Auf der Suche nach einer praktikablen und inklusiven Lösung stießen wir auf das Gendern nach Hermes Phettberg. Der österreichische Künstler, bekannt für seine provokative Art, entwickelte diesen Ansatz, der ursprünglich als Satire gedacht war. Doch seine Idee, alle Personenbezeichnungen ins Neutrum zu setzen, bietet eine ernstzunehmende und innovative Möglichkeit, geschlechtsneutral zu sprechen, ohne den Lesefluss zu stören.

Gendern mit dem Suffix "Y"

Der Ansatz des Genderns mit dem Suffix "Y" bedeutet, geschlechtsneutral zu arbeiten. Dabei wird nur dann entgendert, wenn nicht eindeutig ist, wer angesprochen wird. Das Ziel ist es, Sprache inklusiver zu machen, ohne dabei unnötig kompliziert zu wirken und gleichzeitig an Präzision zu gewinnen.

  • Der Arzt verschreibt Medikamente: Kann sowohl Männer meinen als auch eine unspezifische Gruppe. Die Unklarheit zeigt, dass die Sprache an dieser Stelle versagt.
  • Die Ärztin verschreibt Medikamente: Bezieht sich ausschließlich auf Frauen.
  • Das Arzty verschreibt Medikamente: Bezieht sich geschlechtsneutral auf alle.

Dieser Ansatz hat keine Reihenfolge, ist kurz, inklusiv, geschlechtsneutral und stört den Lesefluss nicht. Gleichzeitig gewinnt die Sprache an Präzision, indem sie alle Menschen gleichermaßen anspricht.

Und falls sich jemand fragt, wie der Plural gebildet wird: Das Arzty, die Arztys. Selbst ein Lehrling lässt sich mit ‚Lehrly‘ sehr schön entgendern, ohne das Wortgefüge zu zerstören.

Und falls sich jemand fragt, wie der Satz oben lauten würde: "Jedes Studenty, das sein Zeugnis abholen möchte, kann sich im Sekretariat melden."

Und es steht fest, Marie ist unser bestes Ingineury!

Der Suffix-Ansatz mit 'Y' fügt sich nahtlos in die bestehenden Sprachmuster der deutschen Sprache ein, ohne uns zu umständlichen Umschreibungen zu zwingen. Grammatikalisch bewegen wir uns mit dem Neutrum auf vertrautem Terrain: Sätze wie "Das Kind isst ein Eis" verdeutlichen, dass diese Struktur in der deutschen Sprache bereits fest verankert ist. Diese Einfachheit macht den Ansatz sowohl intuitiv als auch alltagstauglich.

Wir haben oft die Rückmeldung erhalten, dass unser Ansatz ironisch gemeint sei. Doch das ist er nicht. Ja, das Y-Suffix klingt auf den ersten Blick vielleicht ungewohnt oder sogar verspielt, aber das stört uns nicht. Im Gegenteil: Es bringt eine Leichtigkeit mit sich, die wir als positiv empfinden.

Abschließende Gedanken zum Thema Gendern

Gendergerechte Sprache bleibt ein vielschichtiges Thema, das nicht alle gleichermaßen betrifft. Viele Menschen empfinden Gendern als überflüssig, besonders wenn sie persönlich keine negativen Erfahrungen mit geschlechterbezogener Sprache gemacht haben. Für uns liegt der Fokus jedoch darauf, die Ansprache so zu wählen, dass wir möglichst viele Menschen erreichen.

Ein häufig geäußerter Einwand ist, dass sich einige Menschen durch gegenderte Sprache nicht angesprochen fühlen. Dieser Punkt unterstreicht, warum Gendern wichtig ist: Es geht darum, sicherzustellen, dass sich alle Menschen repräsentiert und respektiert fühlen. Falls sich bei diesem Versuch jemand diskriminiert fühlt, können wir das nicht ändern, da keine Lösung allen Bedürfnissen gerecht werden kann.

Unser Ansatz, das Gendern mit dem Suffix "Y" zu verwenden, ist ein Versuch, diesen Spagat zu meistern. Wir möchten eine Sprache fördern, die inklusiv und zugänglich ist, ohne die Verständlichkeit zu beeinträchtigen. Dabei respektieren wir selbstverständlich, dass nicht jeder diesen Ansatz teilt oder übernehmen möchte. Jeder sollte die Freiheit haben, seine eigene sprachliche Ausdrucksweise zu wählen, solange sie auf Respekt basiert.

Das Ziel von inklusiver Sprache ist es, Unterschiede zu respektieren, ohne künstliche Trennlinien zu ziehen. Niemand verlangt, dass wir jedes Merkmal einer Person immer benennen müssen – nur dass wir niemanden außer Acht lassen, wenn wir Menschen gemeinsam ansprechen.

Letztlich geht es beim Gendern nicht nur um Werte wie Respekt und Inklusion, sondern eben auch um eine schlüssige Grammatik. Genau deshalb gefällt uns der Y-Ansatz so gut: Er baut Barrieren ab, führt zu einer klaren und präzisen Sprache und sorgt zugleich dafür, dass niemand außen vor bleibt.

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